
Das Bild zum Beitrag: Als dieses Foto von Jens Nickolaus aufgenommen wurde, hofften wir noch auf Standwetter.
„Bitte nehmen Sie mich aus Ihrem Baustellenverteiler, auch mit Namen, ich kann Ihre Berichterstattung nicht mehr ertragen.“ So begann eine eMail, die mich erreichte, nachdem ich am 1. Dezember den Bericht „Asphalteinbau: Hoffen auf Standwetter“ veröffentlichte. In der Zwischenzeit gab es mit dem Absender (der namentlich nicht genannt werden möchte) einen wirklich netten und konstruktiven Kontakt, über den ich mich sehr freue. Dabei tauchten einige Punkte auf, die sicherlich von allgemeinem Interesse sind. Deswegen gehe ich in diesem Beitrag darauf ein.
Die komplette eMail:
„Sehr geehrter Herr Link, bitte nehmen Sie mich aus Ihrem Baustellenverteiler, auch mit Namen, ich kann Ihre Berichterstattung nicht mehr ertragen. Ich habe eine andere Einstellung zu Abläufen von Baustellen, das liegt wahrscheinlich daran, das es in der freien Wirtschaft anders abgeht, wie im öffentlichen Dienst. Ich werde da auch nicht auf einen gemeinsamen Level mit Ihnen kommen. Ich wünsche Ihnen viel Glück, das Sie die Baustelle irgendwann beenden und den Steuerzahler nicht noch mehr belasten. Mit freundlichem Gruß, X. X.“

Heiko Link ist freiberuflich als Baustellen-Journalist und Coach unterwegs.
Dachten Sie bis jetzt auch, dass ich im öffentlichen Dienst arbeite? Dann interessiert es Sie vielleicht, dass ich selbstständiger Unternehmer bin. Informationen über mich und meine beiden Unternehmen finden Sie auf der Seite „Der Autor„. Als freier Journalist schreibe ich seit acht Jahren Baustellentagebücher für verschiedene Gemeinden, Städte und Kreise. Regelmäßig habe ich mit dem Fachbereich „Bau“ unterschiedlicher Behörden zu tun. Und ich kann Ihnen sagen: Manchmal bin ich froh, dass ich „nur“ über die Baustellen schreibe. 😉 Übrigens: Die ausführende Baufirma ist auch ein Unternehmen aus der freien Wirtschaft.
Meine Frage an den Absender der Mail war: Wie können wir unsere Berichterstattung gestalten, damit sie mehr im Sinne der freien Wirtschaft ist? Wie müsste sie sein, damit sie Ihnen gefällt?
In der Antwort kamen, wie ich finde, ein paar spannende Punkte zutage.
Warum im Winter?
“ … Wenn Sie Selbstständig sind dann wissen Sie ja eigentlich Bescheid, wie man Projekte betreut und abwickelt? (…) Ich würde beispielsweise solche Vorhaben nicht in die Wintermonate abwickeln, weil auch trotz der Klimaerwärmung, vielleicht nicht mehr so starke Winter kommen. Jedoch Frost gibt es im November und Dezember immer, wenn die Baustoffe doch darauf reagieren, würde ich solche Baumaßnahmen in den spätes Frühling/Sommer/früh Herbst legen. …“
Guter Punkt! Der Bau des nördlichen Kreisverkehrs war ursprünglich Teil der Baumaßnahme Ortsdurchfahrt Lange Straße. Als der Bürgerentscheid kam, wurde seitens der Stadt bei der Bürgerinitiative nachgefragt, ob etwas gegen den Bau des Kreisverkehrs spricht. Weil es an der Stelle nicht um Nebenanlagen ging, war die Bürgerinitiative damit einverstanden, den Kreisel – unabhängig von dem zu diesem Zeitpunkt noch offenen Ausgang des Bürgerentscheids – auf jeden Fall zu erneuern.
Der vorgezogene Bau des Kreisverkehrs wird im nächsten Jahr zwei Vorteile bringen:
- Verkürzung der Bauzeit in der Ortsdurchfahrt Lange Straße.
- Positive Effekte auf die Planung der Umleitung und später, während der Bauarbeiten in der Langen Straße, auf den allgemeinen Verkehrsfluss.
Nachdem am 22. Juli nach Abschluss der Bauarbeiten der südliche Kreisverkehr wieder für den Verkehr freigegeben wurde, ging es am 29. Juli mit den Bauarbeiten am nördlichen Kreisel los. Sieben Tage dauerte also der Wechsel von der südlichen zur nördlichen Baustelle. Alternativ wäre der Bau auch wie geplant im nächsten Jahr möglich gewesen, unter Verzicht auf die beiden oben genannten Vorteile. Und natürlich auch unter Verzicht auf das Winter-Risiko.
Woanders geht es doch auch!
„… Wobei wenn ich höre, schwerer Unfall auf der A2 mit LKW und Schadstoffen die den Asphalt angegriffen haben, dort kann komischer Weise auch bei Frost geteert werden. Wahrscheinlich handelt es sich dort um eine Bundesstraße mit anderem Belag? Wahrscheinlich hat die Stadt Spenge Fördergelder bekommen und durfte sie nur bis Ende des Jahres abrufen, was mit Beginn von Baumaßnahmen im Straßenbild zu sehen sind. In anderen Komunen ist das ja nicht anders. …“

Bringt die Temperatur selbst mit: Gussasphalt kann noch bei 0°C eingebaut werden. Foto: Jürgen Zander / Kreis Herford
Sehr gut beobachtet! Es kann sein, dass bei der oben genannten Autobahnbaustelle Gussasphalt verwendet wurde. Dieser Asphalt wird beim Einbau auf 230°C gekocht. Dadurch hat er keine Lufteinschlüsse und muss nicht mehr verdichtet werden. Weil dieser Arbeitsgang entfällt, ist es auch nicht weiter schlimm, das der Asphalt unheimlich schnell seine Endfestigkeit erreicht. Der ist kaum rein gekippt und glattgezogen, dann können sie schon drauf treten. Die hohe Temperatur beim Einbau bietet einen weiteren Vorteil: Der Asphalt kann bis 0°C problemlos verarbeitet werden. Sie merken schon, dass das ein richtig edles Zeug ist. Deswegen ist Gussasphalt auch deutlich teuerer als der, der normalerweise verwendet wird.
Bei einem großflächigen Schaden auf einer viel befahrenen Autobahn wie der A2, lohnt es sich unter Umständen auch, bei Minusgraden zu flicken und die dabei entstehenden, Baumängel in Kauf zu nehmen. Im Sommer wird es dann noch mal ordentlich gemacht. Da kann ich natürlich nur vermuten. Sicher sagen kann ich, dass Asphaltieren bei zu niedriger Temperatur in Spenge folgendes bedeutet hätte: Die ausführende Firma übernimmt gegenüber dem Bauherrn keine Gewährleistung.
Mit auslaufenden Fördergeldern hatte der Baubeginn in diesem Fall nichts zu tun. Der nördliche Kreisel war ja ursprünglich inklusive Fördergeld sowieso erst für 2017 eingeplant. Aus den oben genannten Gründen wurde der Baubeginn vorgezogen.
Auf Kosten des Steuerzahlers
„… Eine Behinderung ist nie schön, nur auf Grund der Witterung, auf Kosten des Steuerzahlers verschieben, finde ich schon ein wenig armselig. Die Verkehrsteilnehmer müssen jetzt Wege benutzen, die sonst nicht auf dem Abstreurouten liegen, somit wie in den letzen Tagen, auf Straßen geraten die einfach spiegelglatt sind, haben Sie sich dabei auch etwas gedacht. Auf einer Straße die leichte Kurven und Geraden fährt, wie z.B. die Neunkirchener Str. Jetzt können Sie ja aufatmen, heute früh habe ich die Teermaschine gesehen, jetzt kommt das Standwetter, zu mindestens ein paar Tage im Plusbereich. Was meinen Sie wann läuft der Verkehr wieder? …“
Das stimmt: Eine Behinderung ist nie schön. Das Schöne ist, dass selbst die längste Behinderung kürzer ist, als die Zeit, die wir hinterher von der neuen Straße profitieren. Zugegeben: Es läuft auch schon mal anders. Das Fass „Berliner Flughafen“ mache ich jetzt aber nicht auf. 😉 Als großer Fan des Satiremagazins „Extra 3“ ist mir auch klar, dass es mehr als ein schlechtes Beispiel gibt. Andererseits machen Medien mit Sachen die glatt laufen, blöderweise keine Quote. 😉 Und ich weiß, dass es mehrere Versuche in diese Richtung gab, die allesamt gescheitert sind.
An Verschiebungen aufgrund der Witterung, kann man nichts machen. Jeder, der schon mal im Winter versucht hat, eine undichte Stelle an seinem Haus mit Silikon abzudichten, der weiß, was ich meine. Ich habe es mit einem „Silikon-Ersatz“ versucht, den man laut Packungsaufdruck auch bei Minusgraden für Notreparaturen verwenden kann. Alles, was ich davon hatte, war eine riesige Sauerei. Und Ärger. Und immer noch Wasser in der Bude.
Vergessen wir den Ärger, denn jetzt ist erstmal Zeit zum aufatmen: Seit gestern läuft der Verkehr wieder.
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An dieser Stelle an den Absender der Mail noch mal herzlichen Dank, dass ich eine Antwort auf mein Nachfragen bekommen habe. Wenn Sie auch etwas in der Art auf dem Herzen haben, dann schreiben Sie gerne einen Kommentar unter diesen Beitrag. Wenn ich ganz ehrlich bin, wäre mir lieb, wenn Sie mir die Veröffentlichung Ihres richtigen Namen gleich mit genehmigen. Vielen Dank!
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