Weil das Linksabbiegen für Radfahrer an der Kreuzung Hansabrücke uns Herforder anscheinend in Atem hält, gibt es im Baustellentagebuch noch einen letzten Bericht. 🙂 Dazu kommt ein doppelter Radweg in der Hansastraße, der sich auf den ersten Blick auch nicht von selbst erklärt. Über beides hätte ich schon etwas früher berichtet, wenn ich nicht im Urlaub gewesen wäre.
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Ungewohnt und deswegen erstmal verwirrend
Ich muss ja zugeben, dass ich bei der neuen Regelung „Indirektes Linksabbiegen für Radfahrer“ auch erstmal ein ganz großes Fragezeichen im Kopf hatte. Und wie es aussieht, bin ich nicht der Einzige. Peter Steinert hat dazu einen Bericht in der Neuen Westfälischen veröffentlicht. Außerdem zeigt eine Google-Suche bereits nach kurzer Zeit: Verwirrung herrscht zu dem Thema nicht nur bei uns.
Trotzdem sollen die Polizei, die Bezirksregierung in Detmold und auch Radfahrverbände diese Variante des Linksabbiegens befürworten. Einen Bericht samt Erklärung dazu, habe ich beim ADFC Hamburg gefunden. Der Hamburger ADFC hat auch ein YouTube-Video online gestellt, indem man genau sieht, wie es funktioniert. Für unsere Kreuzung in Herford müssen wir uns allerdings die Mittelinsel wegdenken. Das Grundprinzip ist aber gleich.
Ob die Fahrradclubs das indirekte Linksabbiegen grundsätzlich begrüßen, ist mir persönlich nicht ganz klar geworden. Ich denke, es kommt auf die jeweilige Kreuzung an. Für uns in Herford ist das jedenfalls was ganz Neues. Deswegen hat man in der Kreisverwaltung auch ein Auge drauf.
2 x geradeaus statt 1 x links
Ganz kurz erklärt fahren die Radfahrer 2 x geradeaus, anstatt einmal links abzubiegen. Wenn ich mit dem Rad über die Hansabrücke komme und in Richtung Bahnhof links abbiegen will, dann fahre ich zunächst geradeaus über die Goebenstraße und halte in der „Wartetasche“ vor EDEKA Wehrmann. Dort stehe ich vor den wartenden Autos, die ebenfalls in Richtung Bahnhof fahren wollen und habe mein Fahrrad-Signal bei Krummacker im Blick. Sobald das grün wird, fahre ich – noch vor den Fußgängern und den nachfolgenden Autofahrern in der gleichen Fahrtrichtung – los. Damit bin ich dann sozusagen erst links abgebogen. Das soll für Radfahrer sicherer sein, weil sie so nicht mitten in der Kreuzung vor den schnelleren Autos und „im“ Gegenverkehr stehen. Erkauft wird dieses Plus an Sicherheit mit einem Zeitverlust.
Deswegen sind bereits Radfahrer auf die Idee gekommen, die Fußgängerampel zu benutzen. Das geht natürlich auch, wenn sie dabei absteigen und schieben! Denn wer fährt, ist ja kein Fußgänger.
Doppelter Radweg
Etwas irritiert sind vermutlich nicht nur die Radfahrer von dem doppelten Radweg, der aus Richtung Goebenstraße kommend, hinter der Hansabrücke beginnt. Auf der Brücke ist die Regelung noch ganz eindeutig: Auf dem nach der Brückensanierung schmaleren Gehweg ist – im Gegensatz zu früher – Fahrradfahren tabu! Für Radler gibt es jetzt die neue Spur auf der Hansastraße. Eben diese wird hinter der Brücke noch ein paar Meter fortgeführt, während gleichzeitig eine zweite, rote Spur, neben dem Gehweg beginnt. In der Praxis sieht das Ganze so aus.
Was soll das? Das soll dem Radfahrer die Möglichkeit geben, sich frei zu entscheiden. Während er auf der Brücke die Straße nutzen muss, kann er hinter der Brücke da fahren, wo es ihm angenehmer ist. Auf der Straße oder auf dem Radweg. Deswegen wurde am Beginn des Fahrradwegs bewusst – nicht – das Verkehrszeichen „Getrennter Geh- und Radweg“ aufgestellt. Das hätte Zweiradfahrer nämlich dazu verpflichtet, den roten Fahrradweg zu benutzen.
Warum die freie Wahl?
Ich habe mal nachgefragt, warum der Radfahrer die freie Wahl bekommt. Man hätte ja auch sagen können: „Wir pfeifen auf den Radweg. Ihr fahrt auf der Straße.“ Oder alternativ: „Wir haben den Radweg. Deswegen verpflichten wir Fahrradfahrer auch, ihn zu benutzen.“ Darauf bekam ich die Antwort, dass sich die meisten Fahrradfahrer auf dem abgetrennten Radweg sicherer fühlen und ihn deswegen lieber benutzen. Dann gibt es noch die Fraktion, die auf der Straße schneller voran kommen möchte. Ich persönlich hätte die Vorliebe der Radler genau umgekehrt eingeschätzt, habe das aber nicht statistisch überprüft. Wie dem auch sei: Beim Fahrradverband ADFC scheint man für die Straße zu sein. Laut Unfallauswertungen der Polizei scheinen Radfahrer zudem auf der Fahrbahn im direkten Sichtfeld des Autofahrers am sichersten aufgehoben zu sein. Das führte dazu, dass die Straßenverkehrsordnung und die Planungsrichtlinien angepasst wurden.
Die Hansabrücke wurde einschließlich der Kreuzung Hansastraße / Goebenstraße gemäß den neuen Richtlinien mit dem Radfahrer auf der Fahrbahn ausgebaut. Beim Übergang des Neuen in den Altbestand sind individuelle Lösungen gefragt. Das ist zum Beispiel auch beim Übergang von der Hansabrücke zur Hansastraße der Fall, weil bei der Straße ja nur die Fahrbahn saniert wurde. Die Nebenanlagen (= Rad- und Gehweg) sind Altbestand nach alten Richtlinien.
Geteilte Meinungen zum Thema „Radweg oder Straße“ gibt es sicherlich erst recht bei Straßen mit vielen Einmündungen und direkt neben der Fahrbahn parkenden Autos: Wegen dem Risiko einer aufschlagenden Autotür. (Unsere Holländischen Nachbarn versuchen diesem Problem mit dem „Holländischen Griff / Dutch Reach“ zu begegnen.)
Am Ende hat der Mix aus Alt und Neu zu einer Luxussituation für die Radfahrer geführt. „Freie Wahl für freie Radler“, könnte man auch sagen. 😉 Ich bin gespannt, wie es weiter geht und wünsche allzeit gute Rad-Fahrt! 🙂
Bernd R. Bahle says
Luxussituation für die Radfahrer
Ich glaube schon, daß man sich sehr viele Gedanken gemacht hat. Aber an manchen Stellen im Krezungsbereich Hansastraße/Goebenstraße sind die Lösungen nicht wirklich überzeugend.
Fahre ich als Radler auf der Goebenstr. stadteinwärts, dann endet der Sicherungsstreifen in Höhe der Tankstelleneinfahrt EDEKA. Da es dort kein Gebotsschild (Zeichen 241 STVO) gibt, bleibt man entweder auf der Straße oder wählt den Bürgersteig. Auf der Straße gerät man an der Ampel in Bedrängnis mit den fahrenden bzw. an der Ampel wartenden Autofahrern. Entscheidet man sich für den Bürgersteig, dann fehlt es vor EUROPCAR an einer Absenkung des Bürgersteigs, um über die „Wartetasche“ auf den Querungsstreifen zu gelangen.
Das eigentliche Problem ist aber ein ganz anderes. Die Radfahrer waren es jahrelang und sind es immer noch gewohnt, auf dem Bürgersteig zu fahren, und zwar vielfach auf der linken Seite, sowohl auf der Goebenstraße stadteinwärts (das ist bequemer, um auf die Hansabrücke zu kommen) und die Schüler auf der Hansastraße/Hansabrücke aus Richtung Kirchenkreis (das ist bequemer, um Richtung Bahnhof zu fahren). Diese Gewohnheit ist „eingemeißelt“ und wird sich so schnell nicht ändern, wenn nicht durch die Polizei „helfend und regulierend“ eingegriffen wird, wie vor kurzem am H2O geschehen.
Gerade eben konnte ich einem Mitarbeiter der SWK vom Hof aus nur noch hinterher rufen „Falschfahrer“! Aber was hilft es?
Ich hatte vor Tagen ein einprägsames Erlebnis, als ich an der Hofausfahrt vor unserem Grundstück gegenüber EDEKA einen ebenfalls links fahrenden Radfahrer (also auf der falschen Seite) angehalten und auf das Unfallrisiko aufmerksam gemacht habe. Seine Antwort: „Aus Gründen der Bequemlichkeit nehme ich das Risiko bewußt in Kauf“.
An beiden Hausecken auf der Ostseite der Kreuzung wurden die Bürgersteige auf unter 1,20 m Breite reduziert. Hier besteht eine erhebliche Gefahr, daß die links/falsch fahrenden Radler mit den Fußgängern kollidieren.
Und ich garantiere: ab dem 30. August (Ferienende) werden viele Schüler, vom FGH und Ravensberger kommend, auf der linken Seite unterwegs sein.
Ohne ein beharrliches und ständiges Einschreiten der Polizei sehe ich keine Aussicht auf Änderung der Situation.
Heiko Link says
Lieber Herr Bahle,
herzlichen Dank, für Ihren Kommentar. Da haben Sie sich zum Schluß ja noch mal richtig Mühe gegeben. 😉
Ich habe Ihren Kommentar an den Kreis weitergeleitet. Wir werden im Laufe der Woche darüber sprechen.
Inwiefern sich dieses ja doch etwas umfangreichere Thema im Baustellentagebuch noch aufarbeiten läßt, weiß ich ehrlich gesagt gerade nicht so richtig. Das Baustellentagebuch ist ja mit Fertigstellung der Hansabrücke eigentlich abgeschlossen. Von daher werde ich nicht mehr darüber berichten können, auch wenn ich zugeben muss, dass das ein sehr spannendes Thema ist. 😉
Ich gucke mal, was das Gespräch mit dem Kreis ergibt. Was würden Sie sich denn wünschen?
Beste Grüße,
Heiko Link
Heiko Link says
Lieber Herr Bahle,
wie versprochen habe ich mich mit den Mitarbeitern bei Kreis zu Ihrem Kommentar ausgetauscht.
Sie sprechen mehrere richtige und wichtige Punkte an. Ein bisschen was hat sich schon getan und es gibt Änderungen, die in Planung sind. Ich weiß: Diese Antwort ist sehr schwammig. Das ist so, weil ich finde, dass das ein Thema für ein eigenes „Internet-Tagebuch“ ist. Mit einem Augenzwinkern habe ich angeregt, dass wir das ja vielleicht aufgreifen könnten, wenn der Radschnellweg in Herford aktuell wird. 😉
Ganz sicher kann ich Ihnen sagen, das die Polizei erste Kontrollen schon gemacht hat. Ich vermute, dass das noch nicht die letzten waren. Außerdem hat man beim Kreis diese Stelle im Auge, um gegebenenfalls nachzubessern. Bei diese Kreuzung handelt es sich definitiv um eine wacker komplizierte und in der Planung sehr anspruchsvolle Stelle, weil zum Beispiel manchmal auch einfach der Platz fehlt, um über 1,20 Meter Breite zu bleiben. Dann müssen Kompromisse her, deren Tauglichkeit sich erst in der Praxis zeigt.
Von der perfekt gebauten Kreuzung mal ganz abgesehen: Es wird immer Radfahrer geben, die auf den Radweg pfeifen. Und Autofahrer, die durch gesperrte Straßen fahren. Und Fußgänger, die bei Rot rüber gehen. Und auch wenn ich mich manchmal selbst ganz derbe über sowas aufrege, ist das im Grunde glaube ich auch gut so.
In diesem Sinne: Heiter weiter!
Ihr Heiko Link